Niobe und Amphion



Amphion, berühmter griechischer Sänger, welcher so wunderbar die Lyra spielte, dass sich nach ihrem Klang die Steine bewegten, (Sohn des Jupiter und der Antiope) wurde von seinem Großvater aus Wut über die Unehelichkeit der Jungen zusammen mit seinem Zwillingsbruder Zethus gleich nach der Geburt ausgesetzt, von Hirten gefunden und gross gezogen. Amphion, durch Schönheit und Mut ausgezeichnet, wurde von den Musen mit der Lyra beschenkt, welche er auf bewundernswürdige Weise spielen lernte; auch wurde er durch die Gunst der Götter ein vortrefflicher Dichter und entzückte bald alle durch Spiel und Gesang, obwohl er dabei immer noch Hirt und Jäger blieb. Da kam Antiope zufällig zu dem Hirten, der ihre Kinder aufzog, erkanntesie als ihre eigenen , und von jetzt an wendete sich das Schicksal der Brüder und ihrer Mutter; denn voll Zorn auf Lycus und und seine Frau Dirce (die inzwischen die Macht in Theben übernommen hatten und Antiope in die Sklaverei geschickt hatten) vereinigten sich die Zwillinge zu deren Bestrafung mit den Hirten der Umgebung, mit einem Heer überfielen sie Theben und brachten den Tyrannen Lycus um. Die Burg von Theben, Cadmea, wurde noch mehr befestigt, und die Stadt selbst durch Doppelmauern mit bedeckten Gängen mit der Akropolis verbunden. - Hier, sagt man, habe Amphion die Steine nach den Tönen seiner Lyra bewegt, so dass sie sich selbst zusammengefügt und die Mauern geschlossen hätten.

Nun vermählte Amphion sich mit Niobe; die Ehe war höchst glücklich, denn Niobe war edel und schön, so schön, dass sie, nachdem sie 14 Kinder geboren hatte, aussah, als sei sie nur das älteste unter diesen Geschwistern; doch ihr Glück machte sie übermütig, und sie pries sich höher als die bisher in Theben verehrte Göttin Latona, welche nur zwei Kinder hatte. Zur Rache dafür erlegten die Kinder der Latona, Apollo und Diana, mit ihren Pfeilen alle Kinder der Niobe. Ihr tragisches Schicksal hat dem Altertum zu herrlichen Kunstdarstellungen Anlass gegeben, insbesondere die wenn auch mit vielen Beschädigungen noch erhaltene und in Florenz befindliche Gruppe der Niobe und der Niobiden, ein Werk aus der besten Periode der attischen Bildhauerkunst, aus der Schule des Scopas oder Praxiteles; hier eine Nachbildung des Kopfes der unglücklichen Mutter.